Richtlinien barrierefreie Software-Entwicklung für Java von Oracle

Da ich gerade einen großen Auftrag habe bei dem ich eine Java-Software barrierefrei machen darf, werde ich heute die Richtlinien von Oracle, die ich ins deutsche übersetzt habe wiedergeben.

Um barrierefreie Software-Entwicklung mit Java zu machen bedarf es Richtlinien. Diese Richtlinien orientieren sich an den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen. Das Unternehmen Oracle hat die Programmiersprache Java entwickelt. Da Java die Voraussetzungen hat für barrierefreie Software-Entwicklung hat Oracle hierfür Richtlinien herausgegeben. Diese Richtlinien werde ich hier wiedergeben mit Erklärung:

1. Kriterium:
Wenn eine Komponente keinen ‘short string’ anzeigt, dann legen Sie einen Namen mit der setAccessibleName Methode fest. Sie können das auf ‚image-only buttons’, ‚panels’ mit logischer Gruppierung, Text Felder usw. Anwenden.

Erklärung:
Es kann grundsätzlich nichts schaden jeder Komponente einen AccessibleName zu geben. Der AccessibleName soll den Zweck der Komponente kurz beschreiben.
Zum Beispiel „Beenden-Schalter“. Auf jeden Fall sollte man, wann immer es geht und Sinn macht, Tooltips bei Komponenten angeben. Wie oben beschrieben werden die Tooltips auch in die Eigenschaft AccessibleDescription eingetragen.

2. Kriterium:
Wenn Sie eine Komponente nicht mit einem ‘tooltip’ versehen wollen, dann benutzen Sie die setAccessibleDescription Methode um eine Beschreibung über die Unterstützungstechnologie an den Benutzer weiter zu geben. Zum Beispiel: aJComponent.getAccessibleContext(). setAccessibleDescription(„Clicking this component causes XYZ to happen.“);

Erklärung:
In der Eigenschaft AccessibleDescription kann man einen längeren Text angeben, der den Sinn und Zweck der Komponente beschreibt. Dieser Text wird z.B. von Screenreadern gelesen und dem blinden oder sehbehinderten Menschen mitgeteilt.

3. Kriterium:
Sehen Sie, wo immer möglich, alternative Tastatureingaben vor. Sie sollten sicher stellen, das Ihr Programm nur mit der Tastatur bedient werden kann. Denken Sie daran das Sie aus einem editierbaren Feld mit ‚Shift-Tab’ den Fokus auf die nächste Text Komponente setzen können.

Erklärung:
Blinde und sehbehinderte Menschen arbeiten oft mit der Tastatur, weil das arbeiten mit der Maus nur dann funktioniert, wenn man genau sehen kann wo der
Mauszeiger ist. Deswegen ist es für beide Personengruppen wichtig, dass die Software auch per Tastatur bedienbar ist.

4. Kriterium:
Weisen Sie allen ImageIcon Objekten in Ihrem Programm eine textuelle Beschreibung zu. Sie können diese Eigenschaft festlegen, indem Sie entweder die setDescription Methode oder eines der String Formulare der ImageIcon Konstruktoren verwenden.

Erklärung:
Nicht nur auf Internetseiten, sondern auch bei Software haben blinde Menschen erhebliche Probleme mit Bildern/Grafiken. Stellen an den Bildern platziert sind, werden von Blinden als leere Fläche wahrgenommen. Deswegen ist es auch bei Software wichtig, dass man Bildern eine Textbeschreibung mit gibt, damit die Screenreader-Software dem Blinden was vorlesen kann.

5. Kriterium:
Wenn eine Gruppe von Komponenten eine logische Gruppe bilden, versuchen Sie diese in einen Container zu setzen. Verwenden Sie zum Beispiel ein JPanel das alle Radio-Buttons enthält die zu einer Radio-Button-Gruppe gehören.

Erklärung:
Das Gruppieren von Komponenten macht die Programmoberfläche übersichtlicher. Wenn die Container-Komponente noch einen sprechenden AccessibleName hat, kann das für einen Blinden eine enorme Erleichterung sein, um sich schneller auf der Programmoberfläche zu orientieren. Zum Beispiel könnte man Eingabefelder zum erfassen von einer Adresse in einen Container mit dem AccessibleName „Adressdaten“ gruppieren.

6. Kriterium:
Wann immer Sie ein Label verwenden welches eine andere Komponente beschreibt, verwenden Sie die setLabelFor Methode damit die Unterstützungstechnologie die Komponente finden kann die zu dem Label gehört. Dies ist besonders wichtig, wenn das Label eine Gedächtnisstütze für eine andere Komponente (z.B. ein Text Eingabefeld) ist.

Erklärung:
Dies hängt unmittelbar mit Punkt 3 zusammen. Hier geht es wieder u.a. darum, dass die Software auch per Tastatur bedienbar sein sollte. Außerdem können aber
auch Screenreader die Zusammenhänge zwischen Label und Eingabefeld so besser erkennen.

7. Kriterium:
Wenn Sie eine benutzerdefinierte Komponente erstellen, stellen Sie die Zugänglichkeit sicher. Insbesondere beachten Sie, dass Unterklassen von JComponent nicht automatisch zugänglich sind. Benutzerdefinierte Komponenten, die Nachkommen anderer Swing-Komponenten sind, sollten, wenn notwendig, die geerbten barrierefreie Informationen überschreiben.

Erklärung:
Wenn man Java-Komponenten selber entwickelt, sollte man darauf achten, dass diese auch barrierefrei sind.

8. Kriterium:
Verwenden Sie die Beispiele die Sie bei den Dienstprogrammen für Barrierefreiheit finden um Ihre Programm zu testen. Obwohl der primäre Zweck dieser Beispiele dafür gedacht ist den Umgang mit der Accessibility-API zu zeigen, sind sie auch sehr nützlich um Anwendungsprogramme auf Barrierefreiheit zu testen. Eine Prüfung auf Barrierefreiheit zeigt ScrollDemo die mit Monkey läuft. Monkey zeigt den Baum der zugänglichen Komponenten in einem Programm und ermöglicht es Ihnen mit diesen Komponenten interagieren.

Erklärung:
Es gibt Beispiele von Sun/Oracle zum Thema Accessibility

9. Kriterium:
Wenn Ihre GUI(=Programmoberfläche) einen Container hat der nicht zugänglich ist, zum Beispiel, Ihre eigene Container Unterklasse, eine JComponente oder einen anderen Behälter, die von dem Zugänglichkeitsdienstprogramm nicht erreicht wird, sind alle Komponenten in dem Container nicht erreichbar.

Erklärung:
Komponenten die in einem nicht barrierefreien Container sich befinden, sind für Eingabehilfen und andere unterstützende Software nicht erreichbar.

10. Kriterium:
Alle wichtigen Funktionen der Software sollten über Tastenkürzel(engl. Shortcuts) ansteuerbar sein.

Erklärung:
Sehbehinderte und Blinde, welche die Software nur per Tastatur bedienen profitieren von Tastenkürzel für wichtige Funktionen.

11. Kriterium:
Vermeiden Sie es Farb-und Schrifteigenschaften unveränderlich zu machen Die Software benötigt einen Einstellungsdialog für Farben und Schriftgrößen.
Wenn der Anwender in der Systemsteuerung die Schriftgröße verändert, muss die Software diese übernehmen!

Erklärung:
Menschen die Farbenblind sind, können eventuell mit den von Ihnen gewählten Farben Probleme haben. Deswegen sollte es in der Java-Anwendung ein Menü geben, in welchem der Anwender die Farben individuell einstellen kann.

12. Kriterium:
Vermeiden der Übermittlung wichtiger Informationen allein per Audioausgabe

Erklärung:
Stellen Sie sich vor, ein Mailprogramm würde das ankommen einer Mail nur akustisch signalisieren und die neue Mail wäre optisch nicht hervorgehoben. Gehörlose Menschen hätten keine Chance das eingehen von neuen Mails war zu nehmen. Deswegen ist es wichtig, dass man sich nicht nur auf Audioausgabe verlässt.

Autor: Markus Lemcke

Ich bin Markus Lemcke, Softwareentwickler, Webentwickler, Appentwickler, Berater und Dozent für barrierefreies Webdesign, barrierefreie Softwareentwicklung mit Java, C# und Python, Barrierefreiheit bei den Betriebssystemen Windows, Android, IOS, Ubuntu und MacOS.

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