Sind barrierefreie Internetseiten teurer wie „normale“ Webseiten?

Oft hört und liest man, dass barrierefreie Internetseiten zu teuer sind und sich deswegen nicht lohnen. In diesem Artikel möchte ich die Sache etwas beleuchten und zurecht rücken.

Zuerst möchte ich ein paar Überlegungen zum Begriff „Normal“ anstellen, weil ich als Mensch mit Behinderung immer wieder darüber stolpere, dass ich nicht „normal“ bin.

Oder dass es Behindertensoftware und „normale“ Software gibt. Oder es gibt barrierefreie Internetseiten und „normale“ Internetseiten.

Was ist „Normal“? Wie definiert man „Normal“. Dieser Begriff ist so „normal“, dass es recht schwierig ist im Internet eine Definition zu finden mit der man was anfangen kann!

Im Offenen Internetlexikon Wikipedia habe ich u.a. folgende 3 Kriterien gefunden:

[1] ohne Steigerung: Vorhandenen Normen entsprechend

(gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, medizinischen, subjektiv erfahrenen)

[2] Über längere Zeiträume ähnlich ablaufenden Ereignissen entsprechend

[3] ohne Steigerung: im rechten Winkel/orthogonal (Mathematik)

Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich finde alle 3 Erklärungsversuche nicht wirklich griffig.

Seit 2002 gibt es ein Gleichstellungsgesetz mit einem §11 Barrierefreie Informationstechnik in dem drin steht, dass staatliche Internetseiten barrierefrei sein müssen und gewerbliche sollten barrierefrei sein. Angenommen im Jahr 2011 sind alle Internetseiten barrierefrei, dann ist es plötzlich „normal“, dass Internetseiten barrierefrei sind!

Ich hoffe, ich konnte Sie etwas ins grübeln bringen, was die Verwendung des Begriffs „Normal“ betrifft. Ich spreche deswegen lieber von barrierefreien und nicht barrierefreien Webseiten.

Nun zur eigentlichen Frage: sind barrierefreie Internetseiten teurer als nicht barrierefreie?

Hier muss man unterscheiden. Wenn es darum geht eine bestehende Internetseite barrierefrei zu machen, kostet das auf jeden Fall Geld. Wie viel Geld hängt selbstverständlich vom Arbeitsaufwand hat. Das Problem bei Internetseiten ist, dass man zunächst nur die „Oberfläche“ sieht und nicht den HTML und CSS-Code der dahinter steckt. Somit ist es für einen Laien fast unmöglich den Fachmann vom Hobby-Webseitengestalter zu unterscheiden. Viele Hobby-Webseitengestalter können mit Bildbearbeitungsprogramme und Farbe sehr gut umgehen, legen aber auf eine korrekte Verwendung der HTML-und CSS-Befehle überhaupt keinen Wert. Damit eine Webseite barrierefrei ist, ist es unabdingbar, dass die HTML bzw. CSS-Befehle korrekt eingesetzt werden.

Wenn eine Webseite neu erstellt wird und von Beginn an die Richtlinien der Barrierefreiheit mit einbezogen werden, hält sich der Mehraufwand und somit auch die zusätzlichen Kosten in Grenzen. Es gibt gewisse Richtlinien, die es bei nicht barrierefreien Webseiten und bei barrierefreien Webseiten gibt, die sich nur in der Begründung unterscheiden!

Ich mache ein Beispiel. Der Alternativtext bei Bildern soll verwendet werden, damit ein Text angezeigt wird, wenn das Bild nicht geladen oder angezeigt werden kann, aus welchen Gründen auch immer. Dies steht in den nicht barrierefreien Richtlinien.

In den barrierefreien Richtlinien steht, dass der Alternativtext bei Bildern, den Bildinhalt grob beschreiben soll, damit blinde und sehbehinderte Menschen, die mit einem Screenreader surfen, wissen, dass es sich um ein Bild handelt und was auf dem Bild zu sehen ist.

In beiden Richtlinien steht das Gleiche nur die Begründung ist anders!

Ein zweites Beispiel. In den barrierefreien Richtlinien steht dass Navigationsmechanismen übersichtlich und schlüssig zu gestalten sind. In jedem guten Buch über professionelles Webdesign liest man ganz genau das Gleiche. Es gibt also in den nicht barrierefreien und den barrierefreien Richtlinien gemeinsame Punkte. Somit ist klar, dass es nicht zwei völlig unterschiedliche Ziele(Webseiten) sind.

Ein Video, zum Beispiel, in Textform zu beschreiben kostet selbstverständlich zusätzliche Zeit und Geld. Durch dieses zusätzlich investierte Geld, steigt allerdings die Zahl der Besucher der Webseite und somit kann, zum Beispiel im Fall eines Webshops, das investierte Geld wieder rein kommen.

Fassen wir zusammen:
In den Richtlinien für nicht barrierefreie Webseiten und den Richtlinien für barrierefreie Webseiten gibt es Gemeinsamkeiten. Eine nicht barrierefreie Webseite barrierefrei zu machen kostet Geld. Wie viel Geld hängt davon ab, wie Wichtig dem Web-Entwickler die Umsetzung der nicht barrierefreien Richtlinien war. Bei einer sehr guten Umsetzung der nicht barrierefreien Richtlinien, dürften die Kosten nicht sehr hoch sein. Bei einer neu erstellten Webseite ist es sehr empfehlenswert, gleich auf barrierefreies Webdesign zu achten. Durch die Gemeinsamkeiten der nicht barrierefreien und barrierefreien Richtlinien hält sich der Mehraufwand und die damit verbunden Mehrkosten in Grenzen.

Durch die umgesetzte Barrierefreiheit steigt die Zahl der Webseitenbesucher (siehe Artikel „Barrierefreiheit – wer braucht das?“ ) und somit die Beliebtheit der Webseite und im Fall eines Webshops kommt mehr Umsatz in die Kasse!

Barrierefreie Internetseiten lohnen sich!